Stifterportrait

Rote Karte für Verschwendung

Benachteiligte Kinder zu unterstützen motivierte Dr. Klaus-Dieter Tenhof zur Gründung der „Stiftung Zukunft durch Bildung“

Er könnte Kreuzfahrten genießen, täglich fein essen gehen, seinen Lebensabend angenehm gestalten. Doch an einen derartigen Lebensstil mag Klaus-Dieter Tenhof keinerlei Gedanken verschwenden. Den 1932 in Osnabrück geborenen Gründer der „Stiftung Zukunft durch Bildung“ treiben andere Ziele um: Er möchte einen Beitrag dazu leisten, jungen Menschen den Weg in ein selbstbestimmtes Leben zu ebnen.

Denn „verschwenden darf es nicht geben“, verlangt der promovierte Jurist. Er meint dabei nicht nur die achtlose Vergeudung von Energie, das Wegwerfen von Essensresten oder die ungenutzte leere Rückseite eines Blattes Papier. Kriegszeiten prägten ihn und seinen Sinn für Ressourcen. Bezeichnend, dass ihm noch heute beim täglichen Kochen die letzten Zeilen eines damaligen Energiespargedichts in den Sinn kommen: „Den Deckel dann noch drauf getan, so fängt man mit dem Sparen an“. Doch was für Energie gilt, zählt für ihn erst recht für Menschen, ihre Begabungen und Talente. Nahezu folgerichtig entschloss sich Klaus-Dieter Tenhof nach dem Tod seiner Ehefrau Maria-Luise, der er mehr als ein Jahrzehnt während ihrer schweren Krankheit treusorgend zur Seite gestanden hatte, etwas zu tun, was er mit ihr gemeinsam beschlossen hatte.

Die Stiftung und ihre Mission

„Ich brauche nicht viel, meine Altersversorgung ist gesichert, Kinder habe ich keine“, erkannte er. Also verkaufte er die eheliche Eigentumswohnung, zog in eine altersgerechte Wohnung. Mit dem Erlös, das war ihm schnell klar, solle eine Stiftung gegründet werden, von der Kinder und Jugendliche aus benachteiligten Familien profitieren würden. Der Grundstein für die „Stiftung Zukunft durch Bildung“ war gelegt. Seine Motivation: „Ich hatte das Glück, dass mich meine Eltern mit einer guten Ausbildung ins Leben entlassen konnten. Andere haben dieses Glück nicht.“ Er macht keinen Hehl aus seiner festen Überzeugung, dass eine gute Grundlage fürs Leben als selbstverständliches Menschenrecht anerkannt sein müsste.

350.000 Euro investierte er als Stiftungskapital, nachdem er gemeinsam mit dem Geschäftsführer der Bürgerstiftung Bonn, Jürgen Reske, die richtige Rechtsform als "Stiftungsfonds" gefunden hatte. Sie musste garantieren, dass nur ein moderater Kostenaufwand für die Stiftung entsteht. Jeder gespendete Cent fließt ohne Abzug von Kosten direkt in die Bildungsförderung von benachteiligten Bonner Kindern und Jugendlichen – es gibt schließlich nichts zu verschwenden. Die Lösung eines Stiftungsfonds in der Bürgerstiftung Bonn – perfekt. Dass er für seine Stiftung „großartige Unterstützung“ durch ehrenamtliche Mitstreiter wie etwa Josef Blatt und Rolf Haschke gewinnen konnte und es bereits mehrere testamentarische Verfügungen zugunsten der Stiftung gibt, rundet seine Zufriedenheit ab. Trotzdem äußert er einen Wunsch: „Weitere Zustifter würden uns und damit weiteren Kindern helfen.“ Damit solche Zustiftungen möglich sind, hatte er darauf verzichtet, die Stiftung auf den Namen seiner verstorbenen Ehefrau zu benennen.

Gut erinnert er sich an den ersten Fall einer Individualförderung: Der 14-jährigen Tochter einer alleinerziehenden Mutter attestierten die Lehrer ihrer Realschule großes Potenzial, doch Mathe erwies sich für sie als kaum überwindbare Hürde. Angesichts dieser Schwäche drohte Aylin zu resignieren. Ihre Leistungen sanken dramatisch. „Wir wurden auf das Mädchen aufmerksam, entschieden, eine Lerntherapie, die ihre Mutter nicht bezahlen konnte, zu finanzieren und der Realschulabschluss mit Qualifikation gelang“, erinnert sich Klaus-Dieter Tenhof. Ein glückliches Lächeln huscht über sein Gesicht.

Bonner Schülerstipendien und Bonner Bildungsfonds

So auch, wenn er an die 2011 entwickelten "Bonner Schülerstipendien" denkt, die Kindern aus schwierigen Verhältnissen durch die Begleitung älterer Schüler den Einstieg in die weiterführenden Schulen erleichtern. Oder wenn er von dem vor wenigen Jahren etablierten "Bonner Bildungsfonds" berichtet, der unter Federführung seiner Stiftung von der Bürgerstiftung Bonn errichtet wurde. Durch ihn erhalten Kindertagesstätten und Grundschulen ein eigenes Budget, das sie in eigener Verantwortung für Förderprogramme nutzen können. Hiervon profitierten in den ersten Jahren bereits rund 3.000 Kinder.

Bildung ist der Schlüssel für ein selbstgestaltetes Leben

Dass nicht jede Fördermaßnahme von Erfolg gekrönt ist, verschweigt der Stifter nicht. „Es gibt auch Rückschläge. Aber das ist im Leben doch nur normal“, sagt er. Doch jedes Kind, jeder Jugendliche, dem mit seinen Geldern eine Lebenschance eröffnet wird, ist für ihn Bestätigung für die These: „Bildung ist der Schlüssel für ein selbstgestaltetes Leben.“ Aus der eigenen Lebenserfahrung heraus macht er Jugendlichen, die es nicht so leicht haben, Mut: „Der Krieg hat mir gezeigt, dass man durch alles durchkommen kann.“ Wie sehr Klaus-Dieter Tenhof ganz im Sinne seiner Ehefrau vom Wunsch beseelt ist, Kinder mit weniger rosigen Startchancen, zu unterstützen, unterstreicht eine Handzeichnung, die er zu Beginn seiner Stiftertätigkeit malte. Sie zeigt drei junge Menschen an einer steilen Kletterwand. Darüber die Worte: Du schaffst es!

Eine, die die Kletterwand meisterte, ist Antonia – "die kleine Callas aus der Förderschule". Noch vor wenigen Jahren fühlte sie sich wertlos. Das Selbstwertgefühl des behinderten Mädchens sank fast täglich. Es zog sich zurück, war isoliert. Bis die Lehrer der Schule erkannten, welch außergewöhnliche Stimme die damals 14-jährige besitzt. Sie suchten Rat und Hilfe bei der Stiftung – und sie bekamen grünes Licht. Rund 600 Euro stellte die Stiftung jährlich für Gesangs- und Klavierunterricht zur Verfügung. Mit faszinierender Wirkung. Antonia trat mit dem Schülerorchester auf, besuchte die Abschlussklasse einer Waldorf-Förderschule und spielte 2015 die weibliche Hauptrolle in der Tragikomödie „Der Besuch der alten Dame“ von Friedrich Dürrenmatt. Klaus-Dieter Tenhofs bezeichnender Kommentar: „Beglückend.“ Und denkt vielleicht: „Was ist dagegen schon eine Kreuzfahrt?“

Bonn, den 24.04.2016